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Heute produziert der Hof Morgarot eine Vielzahl an Nahrungsmitteln – Gemüse, Obst, Kräuter, Fleisch –, dies komplett ohne Chemie, dafür mit umso mehr Hingabe. Die «Man muss es verstehen, um es zu verstehen.» meisten Pflanzen sät das Team, welches nebst der Familie Schmid aus fünf Mitarbeitenden besteht, selbst an. «So wissen wir jederzeit genau, was bei uns wächst.» Apropos selbst: Ich selbst versuche hier gar nicht erst den Anschein zu erwecken, etwas von Landwirtschaft zu verstehen. Doch die Wesentlichste aller Aussagen verstehe ich: «Unser Obst- und Gemüseanbau erfolgt zu hundert Prozent natürlich. Das heisst, wir kommen zu hundert Prozent ohne Pestizide, Fungizide und Herbizide aus.» Okay!

Schnecken als Hygienepolizei

Seit der Gründung im Jahr 2015 steht der Hof Morgarot für die Permakultur – das Thema, mit dem sich die Schmids in den vergangenen Jahren etabliert und sich einen Namen gemacht haben. Der Begriff Permakultur setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern «permanent» und «agriculture» und steht für ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau. Dieses basiert darauf, natürliche Ökosysteme in der Natur genau zu beobachten und nachzuahmen mit dem Ziel, ein System zu schaffen, in dem Mensch, Tier und Pflanzen in Einklang leben. Manuela erklärt es uns so: «Die Permakultur versucht im Grunde, die natürlichen Kreisläufe zu kopieren. Wir arbeiten deshalb täglich daran, unser Landwirtschaftssystem so widerstandsfähig wie möglich zu machen. Was das konkret bedeutet, wird uns Marcel später beim Zmorge anhand eines Beispiels erklären: «Im Gegensatz zu uns arbeiten die meisten Höfe auf Effizienz. Dazu werden die Grundstücke zuerst flach gemacht, um sie danach möglichst schnell mit möglichst grossen Maschinen bewirtschaften zu können. Uns interessiert allerdings viel mehr die Biodiversität.»

Tatsächlich: Das Grundstück, über das wir gehen, präsentiert sich nicht flach. Im Gegenteil. Es geht auf und ab, über Stock und Stein, zeigt sich auf den ersten Blick urtümlich, gleichzeitig aber auch übersichtlich, sodass sich auf den zweiten Blick die klare Raumordnung und Einteilung erschliesst. Und während unsere Lebensgeister wacher werden, geht Manuela, die passionierte Bäuerin, weiter voraus, hält immer wieder inne, spricht fachkundig und lebhaft von Sinn und Zweck des unebenen Geländes, von Sonneneinstrahlung und Schatten, Mikroklima, Bodenfruchtbarkeit, Wasser-Wiederverwertung, güllefreiem Gras (weshalb es auf dem Hof nicht nach Gülle stinkt) und uraltem Wissen, welches sie gerne nutzen … Dann bleibt sie erneut stehen, grinst, steckt sich eine frisch gepflückte Kefe in den Mund und sagt: «Man muss es verstehen, um es zu verstehen. Ich meine, man muss wirklich zuhören und hinsehen!»

Vergangenheit und Zukunft


Weiter geht es mit unserem Rundgang, auf dem wir Felder voller Kefen passieren, Kartoffeln, Karotten, Buschbohnen, Kohlrabi, Fenchel, Brokkoli, Randen, Winterkürbisse und Kopfsalate. Wir gehen entlang an Hecken und Sträuchern, jungen und alten Bäumen, lassen uns Zeit, betrachten den idyllischen Pflanzen- und Kräutergarten (wobei sich Marco, Michal und Christian immer wieder von der Qualität der Gemüse und Früchte überzeugen und diese mehrmals mit einem herzhaften und ausgedehnten «Mmmhhh» bewerten), die Setzlinge, Tiergehege und Weideflächen, die Versuchsfelder. «Versuchsfelder?», frage ich erstaunt nach.

Wir erfahren: Den Begriff «Regionalität» definieren die Schmids nicht nur damit, was sie rund um ihren Hof herum anbauen. Regionalität hat für sie auch damit zu tun, was sie anbauen könnten. Manuela: «Wir probierten schon einiges aus. Auch einiges, was (noch) nicht funktioniert. Cranberrys zum Beispiel, oder die Dreilappige Papau. Daran müssen wir noch etwas mehr tüfteln!» Überhaupt: Dadurch, dass man ohne Pestizide und ganz nah an und mit der Natur arbeite, sei man auch den Temperaturschwankungen vermehrt ausgesetzt. Einiges könne man deshalb nicht genau planen. Und manchmal gehe auch etwas schief. Das Experimentieren sei deshalb ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit. Dies immer mit dem obersten Ziel, Schädlinge und Nützlinge möglichst in Einklang zu bringen. «Schnecken zum Beispiel sind die beste Hygienepolizei und genauso wichtige Mitarbeitende wie Regenwürmer & Co.» Sie müsse deshalb jederzeit spüren, wie es ihren Pflanzen und Setzlingen gehe, sagt Manuela, streicht mit der ausgestreckten Hand über das hohe Gras und zupft da und dort an einem Blatt. Dieser tägliche Rundgang sei ein äusserst wichtiger Teil ihres Alltags, der normalerweise morgens um fünf Uhr losgehe. «Wir lernen jeden Tag dazu, probieren aus, scheitern, freuen uns über Erfolge. Wir wollen andere inspirieren und unser Wissen teilen.»

Seit einigen Jahren bieten sie deshalb zusätzlich zum Landwirtschaftsbetrieb auch sehr erfolgreich (Online-) Kurse zu verschiedenen Themen aus dem Bereich der Permakultur an. Ein perfektes Beispiel dafür, dass die Schmids eben nicht in der Vergangenheit leben, sondern durchaus zukunftsgerichtet unterwegs sind. Auch dies wird uns Marcel später beim Zmorge bestätigen, indem er sagt: «Uns begleiten stets die Fragen: Wie sieht es in 20, 30 Jahren aus? Hat unser System Zukunft? Funktioniert es auch noch für die nachfolgende Generation?»

Eine starke und
gesunde Erde

So riechen wir weiter an Kräutern und Pflanzen, hören die Eseldamen Bella und Berta (die gleichzeitig als «Schutzhunde» für die Schafe fungieren) iahen und sehen den Wolken zu, die am Himmel Fangis spielen. Es ist schön hier. Alles. Die Landschaft, das Panorama, das Wetter, die Sicht, die Ruhe – und die Philosophie des Hof Morgarot.

Und dann, nach etwas mehr als einer Stunde, ist unser Rundgang zu Ende. Während die Sonne langsam höher steigt, freuen wir uns auf den Kaffee, den uns Manuela zusammen mit Gipfeli und Aufschnitt (natürlich mit Fleisch der hauseigenen Tiere) auftischt. Nun gesellt sich auch Marcel zu uns an den rustikalen Holztisch vor dem Haus, und mit ihm die vierjährige Naomi samt Strubbelfrisur, das jüngste von drei Kindern, die soeben aufgestanden ist.

Warum macht ihr, was ihr macht?», frage ich zwischen zwei Schlucken in die entspannte Stille hinein. Manuela und Marcel schweigen einen Moment, schauen sich an, dann antwortet sie ruhig und mit klarem Blick: «Weil wir uns und die Menschen mit gesunden Nahrungsmitteln versorgen möchten. Weil wir uns mutige Menschen wünschen, die sich als Teil der Erde wahrnehmen. Weil wir uns eine starke und gesunde Erde wünschen. Und natürlich, weil wir unseren Beitrag leisten wollen.» Und ich denke: So sollte es sein. Genau so.

Hof Morgarot

Hof Morgarot steht für authentische Permakultur. Manuela und Marcel Schmid haben sich in den vergangenen Jahren mit ihrer Philosophie einen Namen gemacht und sich mit ihrer natürlichen Landwirtschaft etabliert. Für die Familie Schmid bedeutet dies:

 

Artgerechte Tierhaltung sowie naturgetreuer Anbau, sodass ohne jegliche Spritzmittel nachhaltige Kreisläufe gestaltet werden können. Zusätzlich zum Landwirtschaftsbetrieb werden sehr erfolgreich (Online-)Kurse zu verschiedenen Themen aus diesem spannenden Gebiet angeboten. Mehr Informationen finden Sie auf der Website.