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Im Sommer schwimme ich sportlich. Ich ziehe meine Bahnen, fünfzig Meter hin, fünfzig Meter zurück. Kraftvoll, konzentriert, monoton. Zwölf Mal hin, zwölf Mal zurück. Dann steige ich aus dem Becken, fühle mich wie Wonder Woman, wechsle den nassen Badeanzug gegen einen trockenen, und zur Belohnung gibt es auf dem Rückweg von der Umkleidekabine einen Espresso und etwas Süsses aus dem Bistro. Immer der gleiche Ablauf. Mein heiliges Ritual. Wann immer möglich.

Im Winter rückt das Sportliche in den Hintergrund. Dann gibt es diese Momente – am liebsten samstagmorgens –, wenn ich mein Auto parke, die gelbe Wollmütze aufsetze, aussteige, die blaue IKEA-Tasche aus dem Kofferraum fische und die paar Schritte zum See hinuntergehe. Das sind die Momente, in denen mein Herz ein bisschen schneller schlägt und ich mich frage: Was mache ich hier eigentlich? Warum genau tue ich das? Dabei kenne ich die Antwort. Sie fällt mir spätestens dann wieder ein, wenn ich aus Winterjacke, Pullover, Hose, Socken und Schuhen schlüpfe und das Neopren sorgfältig über den Badeanzug zupfe. Wenn ich barfuss im Neoprenanzug und mit der gelben Wollmütze auf dem Kopf am Seeufer stehe. Wenn ich die Schultern straffe, das Kinn trotzig nach vorne recke, noch einmal tief und bewusst ein- und ausatme und dann entschlossen Schritt für Schritt ins Wasser gehe.

Es ist der Moment, in dem das Wasser oben am Hals in den Neopren schwappt und die Kälte ihre tausend fiesen Minipfeile in meine Knochen, mein Gewebe, meine Organe, meine Haut, mein Blut und mein Gehirn schiesst. Wenn ich für diesen einen zeitlosen Moment weder atmen noch denken kann. Leere. Wenn mein System mir dann signalisiert: Atme! Atme! Atme! Und ich dann atme und … mich fallen lasse. Hingebe. Hingabe. Wenn ich später das Neopren ausziehe und – Holy – noch einmal nur im Badeanzug eintauche. Spätestens dann fällt mir die Antwort wieder ein. Sie lautet: Ich tue das, weil es mich gibt. Weil ich bin. Abenteuer und Seelenbalsam zugleich. Klingt pathetisch? Ja, das ist es auch!

Hier stehe ich nun. Das Wasser ruft mich, lockt mich mit seiner sanften Berührung und seiner verheissungsvollen Tiefe. Und während ich mich dem Element hingebe und eintauche, weiss ich, dass ich in diesen Momenten nicht nur meinen Körper stärke, sondern auch meine Seele. Denn das Wasser ist mehr als nur ein Element – es ist die Quelle der Heilung, der Erneuerung, der Stille. Es ist das Geheimnis, das ich in mir trage, die Kraft, die mich antreibt und die Schönheit, die mich umgibt.