Buchen

VON DER BERGQUELLE INS TRINKGLAS

Die Leidenschaft für das Element Wasser steht Brunnenmeister Andreas Rothenberger ins Gesicht geschrieben, als ich ihn an einem regnerischen Januarmorgen im Elektrizitäts- und Wasserwerk der Stadt Buchs (EWB) besuche. Im Trockenen zeichnet er den ereignisreichen Weg des beliebten Malschüeler Wassers von der Quelle bis in die Trinkgläser der Truuba-Gäste nach.

 

von Doris Büchel

Obwohl ich dem Wasser – sei es zum Trinken oder um darin zu schwimmen – durchaus zugeneigt bin, fordern die detaillierten Ausführungen des Buchser Brunnenmeisters Andreas Rothenberger am Anfang meine ganze Aufmerksamkeit. Denn die Reise des beliebten Malschüeler Wassers von den Quellen im Alpgebiet Malschüel auf rund 1 600 m ü. M. über diverse Leitungen, Aufbereitungsanlagen und UV-Stationen bis in die Haushalte der Stadt Buchs auf rund 450 m ü. M. kommt mir wie ein grosses Abenteuer vor. Daran werde ich denken, wenn ich das nächste Mal in der Traube feines Malschüeler Wasser vom Trinkbrunnen hole.

Doch der Reihe nach: Rund 13 500 Menschen versorgt das EWB mit Trink-, Brauch- und Löschwasser. Rund 95 Prozent des Jahresbedarfs – imposante vier Millionen Kubikmeter Wasser – liefern die insgesamt 19 Quellen im Gebiet Malschüel und Tobel hoch oben im malerischen Alviergebiet. Mit dieser Menge könnte das Becken des Buchser Freibads Rheinau jeden Tag mehr als fünfmal gefüllt werden. Rund drei Millionen Liter fliessen davon für die Wasserversorgung vom Buchserberg hinunter nach Buchs.

Die meisten Malschüeler Quellen seien sehr stabil und lieferten immer etwa die gleiche Wassermenge in der gleichen Qualität, sagt Andreas Rothenberger und kreist mit dem Zeigefinger das Gebiet auf der Karte ein, die er auf dem Tisch vor uns ausgebreitet hat. Ich lerne: Grundsätzlich kann das Quellwasser ohne aufwändige Aufbereitung als hochwertiges Trinkwasser genutzt werden. Da Wasser aber unser wichtigstes Lebensmittel ist und jederzeit in bester Qualität aus dem Wasserhahn fliessen soll, muss es den strengen Anforderungen des Lebensmittelgesetzes entsprechen. Dazu wird es im Kraftwerk Vorderberg vorbeugend mit ultraviolettem Licht bestrahlt und entkeimt. «Die UV-Strahlung macht durch ihre starke Energie Bakterien, Viren und verschiedene Sporen unschädlich. Nach dieser Behandlung erfüllt das Wasser höchste Standards und ist als reines Trinkwasser geniessbar.»

Sein ganzes Berufsleben hat Andreas Rothenberger dem Thema Wasser gewidmet. Nach seiner Ausbildung zum Heizungsmonteur arbeitete er zunächst als Bademeister im Hallenbad Buchs, bevor er – ebenfalls in der Bäderbranche – in den Aussendienst wechselte. Als das EWB einen Mitarbeiter für die Wasserversorgung suchte, bewarb er sich. Berufsbegleitend absolvierte er bald in mehreren Modulen die Ausbildung zum Brunnenmeister. Seit 2022 ist er nun für den reibungslosen Betrieb und die Kontrolle des Trinkwassernetzes verantwortlich – von der Wasserfassung an der Quelle bis zum Wasserhahn. Er überwacht die Anlagen genau und sorgt dafür, dass die Verbraucher jederzeit mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser versorgt werden. Ausserdem achtet er darauf, dass die Wasserqualität allen Vorschriften entspricht. Alle drei bis fünf Jahre tritt der Kanton St. Gallen als Kontrollorgan auf. Sonst ist Andreas Rothenberger selbst im Quellgebiet anzutreffen. «Im Winter sind es bis zu zehn Proben, im Sommer – während der Alpzeit – bis zu 25 Proben pro Monat. Ich bin also ziemlich oft am Buchserberg unterwegs – im Malschüel und Tobel, im Carnol und Schlipf, am Vorderberg, am Maienberg und im Tobeläckerli.» Die Proben schickt er ins Kantonale Labor St. Gallen, wo sie während drei Tagen bebrütet werden. Fast immer sei das Resultat einwandfrei, sagt er. Wenn nicht, liege es meist daran, dass der Probenehmer nicht ganz mit dem Kopf bei der Sache gewesen sei, ergänzt er schmunzelnd.

«Wasser ist ein Lebensmittel, das wir jeden Tag aus dem Hahn lassen. Es umgibt uns ständig. Es hat etwas Mystisches. Das fasziniert mich.»

«Man hört immer wieder, dass wir in Buchs das beste Wasser haben», sagt er. «Aber es ist so: Alle anderen in der Schweiz haben auch das beste Wasser!» «Was macht das Malschüeler Wasser so beliebt?», will ich wissen. «Weil es einem steinigen Gebiet mit wenig Kalkanteil entspringt, hat es einen sehr geringen Kalkgehalt. Der saure Regen wäscht den Kalk zudem auf natürliche Weise aus. Deshalb ist es in Buchs nicht unbedingt notwendig, eine Enthärtungsanlage zu installieren, denn wir haben von Natur aus weiches Wasser.»

Wir beschliessen, dem Regen zu trotzen und machen uns auf den Weg, um das neue Reservoir Tobeläckerli vor Ort anzuschauen. Die kurze Autofahrt führt uns durch das Quartier Altendorf, vorbei am ehemaligen Bachwasserkraftwerk – dem heutigen Museümli, das kleinste Kunstmuseum der Schweiz – bis wir nach wenigen Kurven vor dem aufwändig und geschmackvoll renovierten und noch immer in Betrieb stehenden ehemaligen Wasser- und Elektrizitätswerk stehen.

Über eine Hauptleitung mit einem Durchmesser von 40 cm gelangt das klare Bergquellwasser vom Kraftwerk Vorderberg hierhin, in das neue Reservoir Tobeläckerli, direkt neben dem alten EWB. «Wow!», sage ich beeindruckt, als ich wenig später durch die runde Glasscheibe in das 3,5 Millionen Liter fassende Wasserbecken schaue. Von hier aus nimmt das Wasser seinen Lauf durch das Leitungssystem zu den Hydranten und in die einzelnen Haushalte. Und natürlich in die Traube. Und ich denke: Wie wenig wir normalerweise über dieses komplexe System wissen, wenn wir einfach so den Wasserhahn aufdrehen.

Die Reise des Malschüeler Quellwassers macht jedenfalls deutlich, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man in der Schweiz Wasser aus jedem Hahn trinken kann. «Ich kann verstehen, dass man Sprudelwasser aus der Flasche nimmt. Aber normales Wasser aus der Flasche? In der Schweiz? Nein, das verstehe ich nicht», sagt Andreas Rothenberger und schüttelt den Kopf. «Wasser ist ein Lebensmittel, das wir jeden Tag aus dem Hahn lassen. Es umgibt uns ständig. Es hat etwas Mystisches. Das fasziniert mich», sagt er, als wir zurück zum Auto gehen. Kein Wunder also, dass er in seiner Freizeit als Pontonier auf dem Rhein anzutreffen ist, wo er und seine Vereinskollegen im Training versuchen, den unberechenbaren Strömungen, den vielen Sandbänken und den grossen Steinen auszuweichen.

Bevor wir zurück im Tal sind und wir uns verabschieden, habe ich noch eine letzte Frage: «Was wäre, angenommen, es gäbe auf dem Berg einen Totalausfall?» – «Würde das Wasser, beispielsweise durch ein extremes Wetterereignis, getrübt, könnte es nicht genutzt werden, erklärt mir Andreas Rothenberger. «Vorsorglich betreiben wir deshalb beim Freibad Rheinau ein Grundwasser-Pumpwerk, um die Wasserversorgung sicherzustellen. Bisher hatten wir aber zum Glück noch nie einen Notfall», fügt er hinzu.

Von der Bergquelle bis ins Trinkglas – eine Reise, die uns bewusst macht, wie kostbar und einzigartig unser Wasser ist.