Bei Lebensmitteln gibt es Apps, mit denen man den QR-Code scannen und sich über die Inhaltsstoffe informieren kann. Wie kann man sich beim Wein informieren?
Seit Dezember 2023 gibt es eine neue Regelung, dass die Zutaten (oft via QR-Code) auf der Weinetikette transparent gemacht werden müssen – zumindest die wichtigsten. Ich empfehle ausserdem, sich ein oder zwei Lieblingsweinregionen herauszusuchen und sich darüber zu informieren. Man kann sich mit Produzentinnen und Winzern unterhalten, Weingüter besuchen, an Degustationen teilnehmen oder einen Wein-Shop finden, wo es tolles Fachpersonal gibt, das einen gut beraten kann.
Bei sehr günstigen Weinen muss man manchmal kritisch hinterfragen, wie so eine Kalkulation überhaupt möglich ist. Weinbau kostet Geld, und wenn eine Flasche Wein nur sechs Franken kostet, sollte man sich fragen, wie das möglich ist. Es ist wichtig, sich als Konsument dessen bewusst zu sein.
Der Titel «Master of Wine» ist weltweit eine Rarität. Erinnerst du dich an den Moment, als du dich entschieden hast, es zu versuchen?
Ich erinnere mich, dass ich vor etwa zehn Jahren in London zwei, drei Masters kennenlernte, die mich unglaublich fasziniert und inspiriert haben. Damals hatte ich bereits die Ausbildung zur Weinakademikerin, was auch schon eine sehr taffe Nummer war. Ich überlegte, ob ich den Weg des «Master Sommeliers» oder den des «Master of Wine» gehen soll. Ich beschloss, die Aufnahmeprüfung für den «Master of Wine» zu machen. Wenn ich bestehen sollte, würde ich diesen Weg einschlagen. Ich brauche Ziele und Deadlines, so funktioniert mein Gehirn. Ich weiss noch: Als ich erfuhr, dass ich die Aufnahmeprüfung bestanden hatte, war ich gerade im Restaurant, öffnete die E-Mail und fing an zu weinen. Es war ein unglaubliches Gefühl. Die Emotionen haben dich überwältigt… Absolut. Ich leide seit Jahren unter dem Hochstapler-Syndrom. Egal, was ich erreiche, da ist immer dieser innere Kritiker, der mir sagt: «Das war doch Zufall.» Aber als ich den positiven Bescheid schwarz auf weiss sah, war es ein Moment, in dem ich mich wirklich überwältigt fühlte.
Was ist die grösste Herausforderung auf dieser enorm anspruchsvollen Reise?
Die grösste Herausforderung ist es, immer wieder aufzustehen und weiter- zumachen, auch wenn es schwerfällt. Der «Master of Wine» ist extrem an- spruchsvoll, und es ist nicht einfach, Kritik zu bekommen und dann trotzdem weiterzumachen. Nach negativem Feedback, das es durchaus gibt, wäre es leichter, alles hinzuwerfen wie ein trotziges Kind. Aber ich bleibe dran, auch wenn es hart ist. Dazu kommt, dass mein Mann und ich zwei kleine Kinder haben – die ganze Familie muss Abstriche machen. Es ist nicht nur eine geistige, sondern auch eine emotionale Herausforderung. Ich investiere phasenweise viel, auch in Sport und Coachings, um mental und körperlich fit dafür zu sein.
Was würdest du als deine ganz besondere Stärke bezeichnen?
Meine Stärke liegt darin, Wissen zu vermitteln, und zwar so, dass mich jeder versteht. «Master of Wine» bedeutet auch, gut kommunizieren zu können. Wein ist etwas Wundervolles, und es gibt viel Halbwissen da draussen. Ich sehe es als meine Aufgabe, über Nachhaltigkeit aufzuklären. Wein ist, im Gegensatz zu Lebensmitteln, ein Luxusgut. Deshalb gibt es keinen Grund, Wein zu konsumieren, der nicht nachhaltig produziert wurde.
Welche Trends siehst du in der Weinwelt, die in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen könnten?
Ein spannender Trend ist die Naturwein-Szene, die sich in den letzten zwanzig Jahren stark entwickelt hat. Es ist eine Bewegung gegen die Industrialisierung des Weins und hat einen wichtigen Dialog angestossen. Zudem werden Themen wie Inhaltsstoffe, der Klimawandel und der Rückgang des allgemeinen Alkoholkonsums die Weinwelt in den nächsten Jahren stark prägen.