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DIESER GARTEN IST EIN GEMEINSCHAFTSWERK

Wasser, Energie und Sinnlichkeit: ein Gespräch mit Gartenarchitekt Vital Bucher über das Entwerfen des geheimen Traube-Gartens.

Er kommt direkt von einer Bauherrensitzung und eilt bald weiter an eine Besprechung mit dem Tiefbauamt. Dazwischen nimmt er sich Zeit für eine Tasse Tee und ein kurzes, aber tiefenentspanntes Gespräch.

Doris Büchel: Vital, in deiner Berufsbezeichnung stecken zwei Berufe – der des Gärtners und der des Architekten. Welcher von beiden nimmt den grösseren Anteil ein?
Vital Bucher: Meine Projekte starten mit einem weissen Blatt Papier respektive mit einem Grundstücksplan und den Wünschen der Bauherrschaft. Der Wunsch der Traube-Bauherrschaft war, eine Art «geheimen Garten» zu kreieren. Es soll ein Ort entstehen, den man entdecken kann; der den Gästen verschiedene Plätze mit unterschiedlichen Stimmungen anbietet. Aufgrund solcher Vorgaben fange ich mit dem Entwerfen an. Das Pflanzen Aussuchen und Vor-Ort-Verteilen ist letztendlich nur ein kleiner Teil meiner Arbeit. Um also deine Frage zu beantworten: Mein Beruf gleicht eher dem des Architekten als dem des Gärtners.

Wie gehst du vor? Zeichnest du digital? Oder analog?
Ich bin keiner, der von Anfang an ein fertiges Bild im Kopf hat. Meine Gärten entstehen beim Zeichnen, auf dem Reissbrett, analog. Entwerfen bedeutet, Ideen auch wieder zu verwerfen, zu korrigieren und weiterzuentwickeln, so lange, bis sich ein inneres Glücksgefühl einstellt. Dieses zeigt mir an, dass ich dem Ziel nahe bin und den Plan der Bauherrschaft vorlegen kann. So war es auch hier. Dieser erste Entwurf fand Anklang und jetzt sind wir in der Detailplanungs- und Umsetzungsphase. Es ist eine Art Feinschliff vor Ort und einiges wird noch weiterentwickelt. Über dem einfachen Holzdeck entsteht ein Pavillon, aus dem ursprünglich geplanten Sonnenschirm wird eine Faltpergola. Die Rosenbögen werden mit Licht versehen und vieles mehr.

Es ist eine Sache, einen Garten in den eigenen vier Wänden am Reissbrett zu entwerfen. Und eine andere Sache, diesen Plan vor Ort umzusetzen. Welche Phase ist dir persönlich die liebste?
Die schönste Phase ist der Entstehungsprozess – wenn der Garten auf dem Papier gedeiht. Ich liebe diesen kreativen Teil, das Schöpfen aus der Ideenquelle – am Anfang ist ja alles möglich. Durch das sich Hineinversetzen in den Ort und in die Menschen, die den Garten nutzen und beleben werden, kristallisiert sich dann eine Form heraus.

«Wir alle kennen es: Es gibt diese Flecken Erde, wo es uns wohl ist, wo wir Kraft tanken und wo wir gerne hingehen.»

Was ist mit dem anderen Teil? Der Ausführung? Der Feinplanung?
Bei der Ausführung kann man mit der Material- und Pflanzenwahl noch sehr viel herausholen. Das ist spannend. Es ist, wie wenn man ein Haus baut. Zuerst kommt das Grobe, dann geht es um die Einrichtung und am Schluss um die Details. In dieser Einrichtungsphase befinden wir uns jetzt. Das Spezielle am Traube-Garten ist, dass teilweise bis zu zehn Personen an den Sitzungen teilnehmen … Die Bauherren, der Gastgeber des Restaurants, die Architekten, die Innenarchitektin, der Gärtner … Je nach Thema werden weitere Fachleute hinzugezogen – Brunnenbauer, Schlosser, Lichtplaner, Elektriker. Gerade hier bei der Traube wird mir besonders bewusst, dass dieser Garten ein Gemeinschaftswerk ist. So viele Hände arbeiten mit. Das ist schön, weil alle mitdenken, alle das gleiche Ziel haben und wir ein ausserordentlich gutes Team sind. Die Herausforderung ist, alles zu koordinieren – der Zeitplan ist sportlich! Urs Engler vom Architekturbüro Berger und Partner ist mir dabei eine grosse Unterstützung.

Was ist dir wichtig? Bei welchen Themen lässt du nicht locker?
Mir ist es wichtig, dass es keine Ecke gibt, an die man nicht gedacht hat, und dass auch die Details schön gelöst sind. Am Schluss soll sich alles zu einem harmonischen Ganzen fügen. Aber ein Garten muss auch funktional sein. Der Traube-Garten soll zum Beispiel Platz für sechzig Personen bieten. Das gilt es umzusetzen. Und hin und wieder muss man Kompromisse eingehen, auch zulasten der Ästhetik. Ein Schachtdeckel ist nun einmal dort, wo er ist (lacht) …
Seit kurzem beschäftigt mich ein ganz neues Thema. Im vergangenen Jahr habe ich eine Ausbildung absolviert in Geomantie. Es geht dabei um die Wissenschaft der Wahrnehmung der Erde. So wie wir Menschen Blutadern und ein Meridiansystem haben, in der die Energie fliesst, so hat auch die Erde ein sehr kraftvolles und feinstoffliches Energiesystem. Wenn man einen Ort geomantisch erfasst, lässt man sich auf dessen Energie-, Kraft- und Magnetfelder ein. Wir alle kennen es: Es gibt diese Flecken Erde, wo es uns wohl ist, wo wir Kraft tanken und wo wir gerne hingehen. Es ist im Grunde ein altes Wissen, welches die Geomantie wieder ins Bewusstsein rückt. Bis jetzt habe ich Gärten vor allem intuitiv zu Wohlfühlorten gestaltet. Mit diesem neuen alten Wissen tun sich mir ganz neue Türen auf, weil es mir ermöglicht, einen Ort energetisch zu erfassen und ihn bewusst zu harmonisieren. So können tatsächlich Kraftplätze entstehen. Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen.

Apropos Kraftort: Welches Plätzlein wird dein persönliches Highlight werden?
Mein persönliches Highlight wird das, was uns in der Umsetzung auch am meisten herausfordert: Das Wasser und die vielen verschiedenen Brunnen! Das Element Wasser ist im Traube-Garten fast allgegenwärtig, es begleitet den Gast und wird einen zentralen Aspekt bilden. Wasser ist ein sehr sinnliches Element und steht in Verbindung mit unserem Bauch-Chakra. Von daher passt es perfekt zum Gasthaus Traube, wo Essen, Geniessen und Sichwohlfühlen im Mittelpunkt stehen.

Vital, eine letzte Frage: Was zeichnet dich aus? Was ist deine Handschrift als Gartenarchitekt? Eine gute Frage. Ich denke, es ist mein Einfühlungsvermögen in Menschen und Orte und dass ich daraus etwas Massgeschneidertes kreieren kann. Vital Bucher ist keine Marke. Ich habe nicht den einen festen Stil. Natürlich tragen meine Pläne meine Handschrift. Aber keiner meiner Gärten gleicht dem anderen. Das hat dazu geführt, dass ich vor allem Privatgärten plane. Das ist es, was ich am meisten liebe.

Vielen Dank für deine Zeit und das Gespräch!