Buchen Wochenmenü

Die Verwirklichung
einer Vision

Von der lärmenden Baustelle zur blühenden Oase: Die Inhaber Kathrin Schertler Secli, Ivan Secli und Gastgeber Marco Planitzer sprechen über die Verwandlung des ehemaligen Restaurant Traube in die Traube-Oase, ihre persönliche Entwicklung und die Herausforderungen, die es unterwegs zu meistern galt.

 

von Doris Büchel

Einer der letzten Sommerabende der Saison 2024. Die Inhaber Kathrin und Ivan Schertler Secli sowie Gastgeber Marco Planitzer sitzen im liebevoll gepflegten Garten, der Champagner perlt im Glas, das Feuer knistert leise. Zweieinhalb Jahre dauerte die Reise von der Eröffnung bis heute – es war eine Reise voller persönlicher und beruflicher Veränderungen. Jetzt, wo die Traube-Oase in voller Blüte steht, spricht das Trio über Erlebtes, über Höhen und Tiefen und über die Freude, endlich angekommen zu sein.


Bei unseren letzten Interviews haben wir – Kathrin, Ivan und Marco – uns noch mitten auf der Baustelle getroffen. Heute sitzen wir im blühenden Garten, Gasthaus und Hotel sind in Betrieb. Wie fühlt es sich an, hier zu sein und zu sehen, dass alles, worüber wir damals gesprochen haben, Wirklichkeit geworden ist?
MP: Mir geht es nach wie vor fantastisch – ich kann es nicht anders ausdrücken. Ich komme jeden Tag mit Freude, Stolz und voller Zuversicht zur Arbeit. Stolz auf das, was wir bisher gemeinsam erreicht haben und zuversichtlich, wenn ich an die Zukunft denke.

Es war eine intensive Zeit. Wer war der Marco Planitzer vor zweieinhalb Jahren? Wer ist er heute?
MP: Richtig, sehr intensiv. Der Marco vor zweieinhalb Jahren war sicher noch etwas blauäugiger, vielleicht auch ein bisschen wilder (lacht). Heute ist er ruhiger, geerdeter, reifer. Zusammengefasst würde ich sagen: Früher blauäugig, heute in meiner Rolle als Gastgeber angekommen. Aber immer noch mit Entwicklungspotenzial.

Die gleiche Frage möchte ich auch euch stellen, Kathrin und Ivan … Wie geht es euch heute? Wie habt ihr euch verändert?
KS: Wer bin ich heute im Vergleich zu früher? Hm, ich habe sicher eine etwas dickere Haut. Und ich habe viel über mich selbst gelernt. Wenn man sich so lange mit diesem Projekt beschäftigt hat und so viel von Authentizität und Echtheit gesprochen hat – nichts hier ist unecht, wir sind keine Kulisse –, dann färbt das auf einen ab. Ein kleines Beispiel: Vor der Traube war ich blond. In der Auseinandersetzung mit Authentizität und Echtheit habe ich mich mit der Traube auf eine Reise begeben und bin geworden, was ich bin: grau (lacht).

In diesem Projekt steckt so viel Persönliches von uns. Unsere Hoffnung war, dass man uns darin wiedererkennt. Wenn ich heute durch das Gasthaus, das Hotel, den Garten gehe, habe ich das Gefühl, dass uns dasgelungen ist. Ich fühle mich in jedem Detail wiedererkannt, gesehen. Es stimmt für mich. Ich weiss noch: Etwa eine Woche, bevor wir das Hotel eröffneten, sass ich für einen Moment ganz allein auf der Treppe und heulte Rotz und Wasser. Weil mir klar wurde: Die vielen, vielen, vielen Stunden Arbeit haben sich gelohnt. Das berührt mich bis heute.

IS: Wie Kathrin schon sagte, steckt sehr viel Persönliches von uns in der Traube. Das ist auf der einen Seite sehr, sehr schön, auf der anderen Seite werden uns manchmal Dinge zugetragen, die es einem nicht leicht machen, sie nicht persönlich zu nehmen…

KS: Das ist natürlich die andere Seite der Medaille. Ivan ist da etwas abgehärteter als ich. Wenn unbedachte Urteile gefällt werden, trifft es mich sicher mehr, gerade weil wir hier so viel von uns preisgeben. Das macht mich, das macht uns verletzlich. Aber ich lerne.

IS: Wir haben uns mit der Traube exponiert. Es war klar, dass man beurteilt wird. Aber ich habe auch das Gefühl, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Unsere vielen Gäste sind der beste Beweis dafür.

Damals auf der Baustelle wart ihr noch keine Hoteliers. Wie ist das heute?
IS: Ich bin und werde kein Hotelier. Wir sind Besitzer des Gasthauses und Hotels Traube. Das macht mich glücklich, stolz und zufrieden. Vor allem auch, wenn ich an die vielen positiven Reaktionen der Gäste denke.

KS: Gerade weil wir nicht aus der Hotellerie kommen, war und ist es gut, dass wir immer auch auf die fachliche Meinung Marcos und des Teams zurückgreifen konnten.

Auf diesen «Spagat» möchte ich kurz eingehen. Welches sind die weiteren Herausforderungen?
MP: Die Bedürfnisse generell. Die Bedürfnisse der Gäste, die Bedürfnisse des Teams, unsere eigenen Bedürfnisse. Das alles unter einen Hut zu bringen, macht unseren Alltag spannend und hält uns jung (lacht). Es ist aber auch eine grosse Herausforderung. Vor allem, weil Bedürfnisse oft in Sekundenschnelle befriedigt werden sollten. Je besser das Team funktioniert – es besteht derzeit aus rund 40 Mitarbeitenden, davon sind 27 Vollzeitstellen –, desto einfacher ist es natürlich.

Du sprichst die Feedbackkultur an.
MP: Ich meine, jeder hat ein anderes Bedürfnis, eine andere Wahrnehmung, vielleicht auch einen anderen Schwerpunkt, warum er oder sie unser Gast ist. Manche kommen wegen des Designs, manche wegen des Essens, manche wegen der Weinkarte. Es gibt viele Gründe, warum Menschen zu uns kommen. Wir wollen jedem Gast das bestmögliche Erlebnis bieten. Deshalb wenden wir uns dem Gast zu, fragen immer nach und geben ihm die Möglichkeit, uns Feedback zu geben. An dieser Stelle möchte ich auch das Team loben. Sie kommunizieren aktiv mit den Gästen und suchen – je nach Zeit natürlich – aktiv das Gespräch. Ich wünsche mir, dass unsere Gäste diese Möglichkeit nutzen und direkt mit uns sprechen. Davon können wir nur profitieren.

KS: Die Begegnung ist ja auch der Kern dieses Hauses. Dazu gehört auch das Gespräch auf Augenhöhe. Das gilt für unsere Gäste, für das Team, für uns im Verwaltungsrat. Wir wollen hier Räume schaffen, in denen man sich wohlfühlen und austauschen kann.

MP: Stichwort Augenhöhe: Fehler passieren. Uns passieren Fehler. Mein Wunsch wäre, dass man manchmal etwas rationaler und weniger emotional damit umgeht…

KS: Uns allen ist klar: Wir sind auf dem Weg. Wo viele Menschen zusammenkommen, passieren Fehler. Wir arbeiten täglich daran, uns zu verbessern. Deshalb bitten wir auch um offenes Feedback. Wir haben schon so viel erreicht, wir machen schon so vieles gut. Aber ja, natürlich wollen wir noch besser werden

IS: Da wir beide nicht aus der Gastronomie kommen und keine Profis sind, haben wir ein Konzept entwickelt, das zu uns – Kathrin und mir – passt. Wir folgen einer Vision. Die kann richtig oder falsch sein. Es ist einfach unsere Vision. Wir können nicht garantieren, dass jeder Gast versteht, was wir meinen und wohin wir wollen.

«Die Traube sollte für ‹allergattig› Menschen ein Ort der Begegnung, der schlichten Schönheit, des kleinen und grossen Genusses, der Freude und der Geselligkeit werden. Sie soll Menschen verführen zu sehen, zu spüren, zu fühlen, zu denken.»

Das hat auch Alba Biedermann von «Design Hotels» im Interview gesagt. Dass Menschen, die aus Leidenschaft ein Hotel (oder Gasthaus) eröffnen und nicht vom Fach sind, Grenzen verschieben, weil sie gar nicht wissen, dass es Grenzen gibt. Dadurch entstehen spannende, unkonventionelle Konzepte.
IS: Für Marco, der ja im Gegensatz zu uns vom Fach ist, ist das wahrscheinlich eine zusätzliche Herausforderung und nicht immer einfach mit uns (lacht herzhaft).

Marco, möchtest du etwas dazu sagen?
MP: Auf eine Aktion folgt Reaktion. So ist das im Leben. Aber wie gesagt, das hält uns jung (lacht).

IS: Das Gute ist, dass wir uns jetzt lange genug kennen. Marco kennt unsere Vision bestens. Wir können uns mit gutem Gewissen immer mehr zurückziehen.

KS: Neulich habe ich mich mit einem Gast unterhalten. Der Frau war aufgefallen, dass jedes Detail durchdacht ist und einen Zweck erfüllt. Das hat mich sehr gefreut. Denn, ich gebe es zu, wenn es um Design geht, bin ich stur und auch ein bisschen starr. Und Ruth ist da noch viel strenger als ich. Sie sieht schon, wenn eine gelbe Giesskanne auf dem Balkon der Mitarbeitenden steht. Dann sagt sie: «Die muss weg!» (lacht).

IS: Im Grunde geht es uns allen um das Gleiche. Wir haben ein Qualitätsbewusstsein und das setzen wir um. Es geht um Wertschätzung, uns selbst gegenüber, dem Team gegenüber, dem Gast gegenüber, dem Haus gegenüber, der Region gegenüber. Auf dieser Basis kann man über alles diskutieren.

Apropos Ruth Kramer – sie ist ja gemeinsam mit dir, Kathrin, für das Interior Design zuständig.
KS: Zwischen uns war es Liebe auf den ersten Blick. Sie ist begeisterungsfähig, hat etwas grossartig Umarmendes an sich und einen eigenen Blick auf das Ganze. Sie ist in jeder Hinsicht eine Bereicherung. Wie wir damals schon beim Interview auf der Baustelle sagten: Das Projekt «Traube» ist in gewisser Weise blauäugig entstanden. Wir haben damals nicht geahnt, was am Ende auf uns zukommen würde.

Die Gretchenfrage: Wenn ihr es gewusst hättet, hättet ihr es trotzdem gemacht?
KS: Schüttelt den Kopf

IS: Vermutlich schon, aber dann hätte ich nicht so viel nebenbei gemacht.

KS: Mich freut es, dass du das sagst. Ich persönlich hätte es wahrscheinlich nicht gemacht. Aber, und das ist ja das Schöne: So entstehen die verrückten Sachen. Blauäugig. Wenn ich jetzt hier sitze, in diesem wunderschönen Garten, mit euch am Feuer, wäre es doch schade, wenn es die Traube in dieser Form nicht gäbe. Rückblickend hat es uns unglaublich viel Substanz und Energie gekostet. Aber es war genau zum richtigen Zeitpunkt fertig und wir konnten es übergeben. Und jetzt sitzen wir hier am Feuer, der Garten blüht, die 14 Hotelzimmer sind ausgebucht. Die Traube wird immer mehr wahrgenommen, sie ist im Gespräch. Es ist total gut, so wie es ist.

Ihr habt mehrmals von eurer Vision gesprochen: Wie würdet ihr diese in wenigen Sätzen umschreiben? Welches sind die wichtigsten Eckpunkte eures Konzeptes?
KS: Die Traube sollte für «allergattig» Menschen ein Ort der Begegnung, der schlichten Schönheit, des kleinen und grossen Genusses, der Freude und der Geselligkeit werden. Sie soll Menschen verführen zu sehen, zu spüren, zu fühlen, zu denken. Mit dem Herz, dem Bauch, dem Kopf ... und natürlich mit dem Gaumen. Und selbstverständlich soll sie einladen, sich zu treffen. An allen Tagen und zu jeder Zeit!

Wir haben jetzt ausführlich zurückgeblickt und Bilanz gezogen. Gegen Ende des Interviews möchte ich gerne noch ein wenig in die Zukunft schauen. Was seht ihr?
KS: Wir haben viel erreicht in relativ kurzer Zeit. Wir dürfen uns auch einmal auf die Schulter klopfen und sagen: Gut gemacht! Wir sind auf dem Weg, sind voller Hoffnung, sind nicht überheblich. Wir wissen, wo wir stehen und dass wir dazulernen können. Und das tun wir auch. Für mich ist die Traube beseelt. Das bedeutet aber nicht, dass alles rosarot, dass alles konform ist. Wir sind «Typen», genau wie unsere Mitarbeitenden «Typen» sind, genauso wie unsere Gäste. Beseelt heisst, dass es lebt. Das alles macht mich sehr froh und glücklich.

Ich finde, das ist ein wunderbares Schlusswort. Möchte jemand noch etwas ergänzen? Irgendetwas?
IS: Mir ging gerade noch etwas durch den Kopf, nämlich wie schön ich es fand, dass sich so viele Handwerker bei uns bedankt haben. Und zwar dafür, dass sie bei uns endlich wieder ihr Handwerk ausleben und ihr Können zeigen konnten. Man hat gesehen, dass die Handwerker mit Stolz bei der Sache waren.

KS: Manchmal kommt es mir vor wie in einem Film. Es gibt Drama, Glück, Trauer, Abdankungsfeiern, Hochzeitsfeste, Geburtstagsfeiern … es gibt alles!

MP: In diesem Film, den Kathrin erwähnt, spielen die Mitarbeitenden die Hauptrollen. Ihnen gebührt grosser Dank. Ja, das ist alles sehr, sehr schön. Aber damit die Vision umgesetzt werden kann, arbeiten sie jeden Tag für den Gast. Sie sind mit Energie und Leidenschaft dabei. Das ist nicht selbstverständlich. Ich bin dem Team sehr dankbar für das Engagement. Und euch, Kathrin und Ivan, natürlich auch.

IS, KS: Besser kann man es nicht sagen. Danke Marco!