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Auf Entdeckungsreise mit Jules Vin

Sein Lieblingsthema? Der Wein. Sein Lieblingsthema innerhalb seines Lieblingsthemas? Champagner! Der Grabser Julian Berger ist nicht nur Wein-Experte bei der Secli Weinwelt in Buchs und Kellermeister im Gasthaus Traube, sondern nimmt als «Jules Vin» ab sofort alle Interessierten (und die, die es noch werden möchten) mit auf eine faszinierende Entdeckungsreise durch sein Spezialgebiet.

Julian, nehmen wir an, du triffst einen Menschen, der noch nie im Leben Wein gekostet hat. Wie erklärst du ihm deine Faszination für dieses Produkt?

Das Interessante am Wein ist, dass man aus einem einzigen Gewächs – nämlich der Rebe und der Traube, die daran wächst – ein unglaublich breites Spektrum an Weinen produzieren kann. Das heisst, es ist diese immense Vielfalt, die mich am Thema Wein fasziniert. So war es schon beim Kochen – es ist einfach spannend zu sehen, was man aus einem einzigen Grundprodukt alles herstellen kann.

Stimmt, du bist ja gelernter Koch.

Genau.

Wie war dein Weg vom Koch zum Kellermeister und Weinexperten?

Nach meiner Kochlehre im Schlössli Sax arbeitete ich noch eine Weile auf meinem Beruf und entschied mich dann für die Hotelfachschule. Dort entdeckte ich meine Passion für den Wein. Als das Thema abgeschlossen war, fuxte es mich, denn ich wollte noch viel mehr darüber erfahren und lernen. Von mir aus hätte es zwei Jahre lang nur um Wein gehen können.

Ich bin mir bewusst, dass ich mich jetzt in einem Klischee bewege, aber: Du bist erst 27 Jahre jung. Nach wie vor habe ich im Kopf, dass sich vor allem ältere Menschen ausgiebig und leidenschaftlich mit Wein befassen.

Das ist sicher ein Vorurteil (lacht), schliesslich kann man sich in jedem Alter für eine Sache begeistern. Aber in einem Punkt hast du wohl recht: Wein ist eher nicht das Thema, für das man sich mit 16, 17 oder 18 Jahren interessiert. Da überwiegt vielleicht eher die Lust an Bier oder Spirituosen. Hat man den Wein jedoch einmal für sich entdeckt, kann es einem schnell den Ärmel reinziehen. Das Schöne ist auch: Es gibt immer wieder Neues zu entdecken – man hat nie aus-degustiert.

Was ist dein Lieblingsthema innerhalb deines Lieblingsthemas?

Champagner!

Warum?

Weil sein Ursprung in vorwiegend drei Traubensorten liegt. Weil die fröhlichen Bubbles eine schöne Leichtigkeit versprühen. Und weil Champagner sehr vielseitig kombinierbar ist und einem vom Frühstück bis zum Absacker am Abend begleiten kann.

Jetzt, da wir unter uns sind: Erklärst du mir bitte den Unterschied zwischen Champagner, Sekt und Prosecco? Den habe ich bis heute nicht ganz verstanden.

Es ist relativ einfach: Champagner stammt ausschliesslich aus der geografischen Weinbauregion Champagne im Norden Frankreichs. Prosecco kommt ausschliesslich aus einer Weinbauregion in Norditalien. Sekt ist eher ein Begriff aus dem deutschen Sprachgebrauch für Schaumwein, unterliegt aber auch gewissen Reglementen in der Herstellung. Und: Champagner ist von der ganzen Herstellung und Produktion her aufwendiger als Prosecco. Daraus und aus der begrenzten Verfügbarkeit von Champagner resultiert der teilweise etwas höhere Preis dafür.

«Du liegst nicht falsch, wenn du den Geruch in der Nase und den Geschmack im Gaumen beschreibst.»

Vielen Dank für die Aufklärung. Wo wir gerade dabei sind: Wie verhalte ich mich in einer Runde von Weinkennern beim Degustieren, um mich nicht gänzlich zu blamieren?

Du liegst sicher nicht falsch, wenn du den Geruch in der Nase und den Geschmack im Gaumen beschreibst. Dabei kannst du deiner Fantasie gerne freien Lauf lassen. Die Wahrnehmung von Geschmack und Geruch ist schliesslich für jeden Menschen unterschiedlich.

Letzte Frage einer Wein-Dilettantin an den Profi: Warum muss ich den Wein vor dem Probeschluck im Glas schwenken?

Der Probeschluck dient grundsätzlich dazu, einen allfälligen Fehler im Wein festzustellen. Fehler können vorkommen, weil Wein ein Naturprodukt ist, genau wie der Korken. Durch das Schwenken kann sich der Wein besser entfalten. Übrigens, bevor du fragst: Das Glas einmal oder zweimal schwenken reicht völlig aus (lacht).

Was ist momentan der ultimative Weintrend? Das neue Non-plus-ultra? Dein super Geheimtipp?

Früher lagen eher Traubensorten oder Weinregionen im Trend. Heute ist es eher die Machart eines Weins, ein bestimmter Stil in der Herstellung. Der bislang letzte grössere Trend war das Thema Orange Wine. Dabei handelt es sich um einen Weisswein, der wie ein Rotwein hergestellt wird. Das heisst: Die weissen Traubenbeeren werden mit den Beerenschalen und Kernen vergoren und extrahieren dadurch mehr Tannine und Farbstoffe, woraus sich eine rostrote, ins orange neigende Farbe ergibt. Ein Trend, der uns hoffentlich erhalten bleibt, ist die nachhaltige Produktion von Wein. Darauf wird mittlerweile in den meisten Weingütern viel Wert gelegt. Mein ganz persönlicher super Geheimtipp? Hmm … ein etwas gereifter Champagner aus der Winzer-Champagner-Szene finde ich schon sehr toll.

«Übrigens: Das Glas einmal oder zweimal schwenken reicht völlig aus.»

Themenwechsel: Du arbeitest seit 2018 bei der Secli Weinwelt in Buchs – zuerst als Praktikant, seit 2019 im Verkauf und seit 2021 im Einkauf, für Grosskunden und als Kellermeister für die Traube. Nimmst du mich ein bisschen mit in deinen beruflichen Alltag?

Das Spannende an meinem Beruf ist sicher, dass kein Tag wie der andere ist – obwohl ich viel Zeit hinter meinem Computer verbringe. Der Einkauf beschäftigt mich sehr stark. Das heisst, ich pflege bestehende Partnerschaften und darf auch mit unseren Entdeckungen Neues aufbauen. In kleineren Teams besuchen wir regelmässig Messen und Präsentationen und noch lieber die Winzer vor Ort auf deren Weingütern. Dazu kommt, dass ich zusammen mit Nicole (Stark) das operative Tagesgeschäft der Secli Weinwelt leiten darf. Das heisst, wir machen ein bisschen alles, obwohl wir unsere getrennten Aufgabengebiete haben. Ivan (Secli, Inhaber) bringt uns in dieser Hinsicht glücklicherweise sehr viel Vertrauen entgegen.

In deiner Funktion als Kellermeister zeichnest du auch verantwortlich für die immense Weinkarte der Traube. Knappe neunhundert Positionen hast du dafür ausgewählt, rund zweihundert Positionen sind Champagner. Wie bist du an diese grosse Aufgabe herangegangen?

Diese Aufgabe war mir tatsächlich eine grosse Freude und Ehre. Die Karte ist im Endeffekt eine Kombination aus drei Geschichten: 1. Wir hatten in der Secli Weinwelt einiges an Reserven angesammelt, die wir nur selten in den Verkauf brachten und für ganz besondere Gelegenheiten zur Seite legten. 2. Die Weinkarte der Traube sollte auch ein Abbild unseres Sortiments der Secli Weinwelt sein. Wir wollten, dass jeder Produzent, mit dem wir partnerschaftlich verbunden sind, auf der Traube-Weinkarte vorhanden ist. Und 3. Die Champagnerauswahl sollte kicken und den Bärenanteil leisten (lacht). Das Schöne ist: Das Projekt ist nicht abgeschlossen, sondern darf sich immer weiterentwickeln. Die Weinkarte soll leben. Dies zu gewährleisten ist meine Hauptaufgabe als Kellermeister.

Das Gasthaus ist nun eröffnet. Wie sind die Reaktionen auf die einzigartige Weinkarte?

Feedbacks erreichen uns fast täglich, diese gehen von wertschätzender Kritik bis hin zu grossem Lob. So oder so – ich glaube, die Gäste spüren, dass wir uns etwas überlegten beim Zusammenstellen. Für jemanden, der einfach unkompliziert sein Glas Wein geniessen möchte, mag die umfangreiche Karte auf den ersten Blick erschlagend wirken. Aber ich kann mit gutem Gewissen sagen: Das Fachpersonal der Traube macht es sehr gut mit der Beratung und Empfehlung am Tisch.

Gerne würde ich dich persönlich noch ein bisschen besser kennenlernen. Wer bist du? Woher kommst du?

Ich bin in Grabs aufgewachsen und «gehöre» Jeannette Berger und Rolf Berger von Berger + Partner, dem Architekt der Traube (lacht), was spannend war, denn so konnte ich das ganze Projekt «Gasthaus Traube» von Anfang an mitverfolgen. Meine Kochlehre absolvierte ich im Schlössli Sax, dann arbeitete ich eine Zeit lang als Koch im Restaurant Fago in Liechtenstein und absolvierte später die Hotelfachschule in Zürich. Danach landete ich zum Glück bei der Secli Weinwelt in Buchs, wo ich hoffentlich noch sehr lange bleiben werde. In meiner Freizeit bin ich gerne unterwegs … am Bodensee, im Tessin … am liebsten aber geniesse ich einen tollen Tropfen im Glas mit guten Freunden. Ausserdem bin ich im Werdenberger Kleintheater fabriggli als Kassier tätig. Nicht, dass ich ein ausgesprochener Theatermensch wäre, aber für ein gutes Live-Konzert bin ich immer zu haben.

Zum Schluss dürfen wir es unseren Leserinnen und Lesern noch ein gut behütetes Geheimnis verraten: Ab sofort nimmst du uns als «Jules Vin» mit auf Entdeckungsreise durch dein Lieblingsthema. Erzählst du uns ein bisschen mehr darüber?

Genau! Als Jules Vin darf ich in Zukunft Interessierte mitnehmen in die Welt des Weins. Ich darf meine Begeisterung für Weine und Schaumweine mit ihnen teilen und hoffentlich alle ansprechen, die sich in irgendeiner Art und Weise dafür begeistern – oder sich begeistern lassen wollen. Jules Vin ist für alle da: Für den Wein-Freak ebenso wie für die Wein-Dilettantin (lacht). Jules Vin steht für Abenteuer und Entdeckergeist. Ich freue mich sehr darauf.

Wir uns auch! Vielen Dank Julian, aka Jules Vin für das Gespräch.

Interview: Doris Büchel
Fotos: Roland Lichtensteiger

Tabula Rasa

Was machst du am Morgen zuerst: Mir wird gerade zum ersten Mal bewusst, dass ich kein Morgenritual habe. Ich bin eher ein Nachtmensch. Was findet man immer in deinem Kühlschrank: Eine Flasche Champagner, momentan den reinsortigen Chardonnay von Bertrand-Delespierre. Das Schönste an meinem Beruf ist: Zwischendurch einen feinen Tropfen degustieren zu dürfen. Die grösste Herausforderung in meinem Beruf ist: Den Überblick zu behalten. Champagner oder Bier: Champagner! Champagner oder Wein: Champagner!

 

Diesen Champagner muss man einmal im Leben gekostet haben: Hauptsache etwas aus dem Hause Krug – das lohnt sich immer. Ein Klischee im Zusammenhang mit Wein: Wir Schweizer sind das Volk, das am häufigsten anstösst beim Trinken. Zutreffend oder nicht: Auf mich definitiv zutreffend! Mit wem würdest du gerne einmal in der Traube einen Abend verbringen: Jancis Robinson, der wohl bekanntesten Master of Wine. Was würdest du sie fragen: Was empfiehlst du mir als Nächstes zu probieren?